Petra Hartlieb: Ein Winter in Wien

Kindler Verlag, 172 Seiten, CHF 25.90

ISBN 978-3-463-40086-0

Marie kann ihr Glück kaum fassen. Der Herr Doktor hat sie als Kindermädchen angestellt. Nun darf sie in dieser wunderbaren Gegend wohnen, wo wohlhabende Menschen in prächtigen Häusern an mit Bäumen gesäumten Strassen leben. 

Die quirlige zweijährige Lili und den neunjährigen vorwitzigen Heini schliesst sie schnell in ihr Herz. Marie fühlt sich wohl in der Familie. So viele Freiheiten und stets genügend zu Essen waren Dinge, die in ihrem jungen achtzehnjährigen Leben nicht selbstverständlich waren. 

Gerne erledigt Marie auch Botengänge für den Herrn Doktor, bevorzugt in die Buchhandlung von Friedrich Stock. Der junge Buchhändler Oskar Novak bemüht sich um das «bezaubernde Fräulein». Er schenkt ihr ein Buch mit Gedichten, welche sie entzücken. Ein Brief in geschwungener klarer Handschrift liegt auch dabei (Zitat): «Verehrtes Fräulein Marie, ich erlaube mir, Ihnen dieses kleine Präsent zu machen, und hoffe, dass Sie sich ein wenig darüber freuen. Wenn wir uns wiedersehen könnten, wäre ich ein glücklicher Mensch. Ihr Oskar.»

 

Ein herzerwärmender Roman von Petra Hartlieb mit einem Schuss Humor. Sehr charmant und einfühlsam geschrieben, mit Wörter im österreichischen Dialekt versehen. Diese wundervolle Erzählung liess mich in ein Wien eintauchen, in dem die Hektik noch nicht Einzug gehalten hatte. In eine Zeit, in der Kutschen und die «Elektrische» (so wurde damals die Strassenbahn in Wien genannt) den Verkehr prägten. Die Autorin erzählt aber auch einiges über die dunklen Seiten dieser Zeit. Dass Kinderarbeit allgegenwärtig war oder in welch zweifelhaften Unterkünften Bedienstete «hausen» mussten. Sie froren und hatten häufig nicht genügend zu essen. «Entschleunigen» auch Sie und tauchen Sie ein in ein winterliches Wien!


Buchbesprechung von Regula Schopfer

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