Shalev, Zeruya: Schicksal

Berlin Verlag , 416 Seiten, CHF 35.90

ISBN 978-3-8270-1186-2

 

  

Ihre aufwühlende gegenwärtige Lebenssituation lässt Atara in der Vergangenheit nach Antworten suchen. Zwar ist sie mit ihrer grossen Liebe verheiratet, aber Alex und sie streiten sich in letzter Zeit schon wegen Kleinigkeiten. Ihr einziger gemeinsamer Sohn Eden wohnt nach einigen Jahren Militärdienst vorübergehend wieder bei ihnen, doch weder sie noch Alex scheinen ihn erreichen zu können. Der Elitesoldat hat sich nach seinem letzten Einsatz zurückgezogen und will mit niemandem reden.

Mit einigem Aufwand gelingt es Atara, die erste Frau ihres Vaters aufzufinden. Erst auf seinem Sterbebett hatte sie erfahren, wie tief seine Liebe zu Rachel gewesen sein musste. Die beiden hatten seinerzeit ihr Leben riskiert, um gegen die Engländer und für einen israelischen Staat zu kämpfen.

Die Begegnungen der beiden Frauen sind voller widersprüchlicher Gefühle. Rachel ist hin- und hergerissen zwischen einem Schweigeversprechen, das sie ihrem verstorbenen Mann gegeben hat, und dem Bedürfnis, die Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Atara zweifelt an ihrem Entscheid, Rachel zu besuchen, fühlt sich jedoch auf eine seltsame Art zu ihren Erzählungen hingezogen. Als Atara einen schweren Schicksalsschlag erfährt, ist Rachel ihre einzige Hoffnung.  

Zeruya Shalev widmet sich in ihrem neuen Roman zeitlosen Themen. Meisterlich erzählt sie von Verantwortung, Liebe, Trauer und Schuldgefühlen. Dabei lässt sie geschickt die politische Vergangenheit Israels einfliessen und lässt längst vergessene und ungewürdigt gebliebene Kämpfer aufleben. Sie versteht es, die LeserInnen mit meisterhafter Sprache tief ins Innerste der Protagonistinnen blicken zu lassen. Eine Geschichte, die einen nicht so schnell wieder loslässt.

 

Buchbesprechung von Johanna Suter