Diogenes Verlag
282 Seiten
CHF 36.00
ISBN: 978-3-257-07205-1
1905: Sabina Spielrain, 19-jährig, stammt aus einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie aus Rostow am Don (Russland, in der Nähe des Schwarzen Meeres). Sie kommt an den Zürichsee in die psychiatrische Klinik Burghölzli und ihr Arzt ist C.G. Jung. Es ist eine schicksalshafte Begegnung – daraus wird eine sogenannt verbotene Liebe.
Trotzdem gelingt es der jungen Frau, sich weiterzuentwickeln, ihre seelischen Nöte zu überwinden, dann an der Universität Zürich Medizin zu studieren – es gibt zu der Zeit einige Studentinnen. Doch sie wird als erste Psychoanalytikerin/Psychiaterin promovieren. Später wird sie in Lausanne und Genf – auch als alleinerziehende Mutter – praktizieren, von wo aus sie sowohl mit C.G. Jung und Sigmund Freud korrespondiert. Sabina wird 1923 zu ihrem Mann in ihre Heimat nach Russland zurückkehren.
Fritz Platten – er stammt aus einer Ostschweizer Handwerkersfamilie – ist ein hitziger Kämpfer für die Arbeiterklasse. Er ist 1918 einer der Anführer des Landesstreiks (zusammen mit Robert Grimm). Er träumt von einer besseren Gesellschaft und wandert nach Russland aus. Dies, nachdem er vorher Lenins Rückkehr von Zürich nach Russland organisiert hat.
Lukas Hartmann schenkt uns in seinem neuen Werk «Ins Unbekannte» ein Doppelporträt zweier mutiger, aber auch innerlich zerrissener und widersprüchlicher Menschen. Wie schon im «Sänger» und «Schattentanz», seinen beiden letzten Romanbiografien, enden die Leben der Protagonisten im Schicksalsjahr 1942 – «sie verlieren sich im Dunkel der europäischen Geschichte».
Ich finde es jedes Mal von Neuem eindrücklich, wie der Berner Autor Geschichte erlebbar machen kann – auch wenn es manchmal fast nicht zum Aushalten ist. In der Lebensgeschichte der russischen Ärztin finden wir durchaus Parallelen zu den ukrainischen geflüchteten Frauen von heute. Immer wieder tauche ich ab! Dieses Mal in die Schicksale von Sabina und Fritz…
Buchbesprechung von Hanni Meinen Peternell