Voltenauer, Marc: Die Nacht des Blutadlers

 

 

 

Emons Verlag

475 Seiten

CHF  29.80

ISBN:   978-3-7408-2032-9

 

Im dritten Kriminalroman des im waadtländischen Gryon wohnhaften Marc Voltenauer zieht’s den Westschweizer Ermittler Andreas Auer auf die schwedische Insel Gotland. Das kommt nicht von ungefähr: Voltenauer hat neben einem deutschen Vater eine schwedische Mutter. Und hat schon als Kind und Jugendlicher immer wieder Ferien auf dieser Insel mit den markanten Kalksäulen verbracht. Dazu hat der 51-Jährige als leidenschaftlicher Krimileser in seinen früheren Jahren immer wieder Inspiration bei Grössen wie Henning Mankell und Camilla Läckberg geholt.

 

Sein Ziel, einen richtig nordischen Krimi mit allem Drum und Dran zu schreiben, hat Voltenauer schon mal erreicht. Der Emons-Verlag fragt sogar frech, ob der beste Schweden-Krimi 2024 nicht aus der Schweiz komme. Das macht neugierig: In der Tat wird Andreas Auer – ebenfalls in Gryon wohnhaft – immer wieder von Alpträumen heimgesucht, zu denen er keinen Zugang findet. Seine ersten Kindheitserinnerungen sind wie weggewischt. Kann es sein, dass das mit der Ostseeinsel Gotland zu tun hat? Dort ist er nämlich geboren worden. Dort hat er aber auch seine leiblichen Eltern verloren und ist dann adoptiert worden – ohne dass ihm die Adoptiveltern das je gesagt hätten. Warum wohl?

 

Andreas Auer setzt sich in seinen BMW und fährt mit dem Bernhardiner Minus nordwärts, um die Spurensuche auf Gotland aufzunehmen. Was hat das mit ihm zu tun, dass im Mai 1979 eine sechsköpfige Familie durch Ritualmord ausgelöscht worden ist? Was hat es mit den Vikinger-Bräuchen aus der nordischen Mythologie auf sich, bei denen der Liebes- und Fruchtbarkeits-Göttin Freya Opfer dargebracht werden? Wie ist der titelgebende Blutadler zu deuten? Und zu guter Letzt: Hat auch der Erzählfaden aus dem zweiten Weltkrieg mit den von Estland her aufgebrochenen und auf Gotland gestrandeten Flüchtlingen einen Bezug zur Biografie von Auer?

 

Marc Voltenauer schöpft alle Spannungselemente raffiniert aus und schildert mit viel Detailkenntnissen und nicht ohne Drastik die düstere Vergangenheit, die im Hier und Jetzt wieder aufblubbert. Denn kaum ist Auer auf der Insel, ereignet sich der nächste Ritualmord. Mit viel psychologischem Gespür leuchtet Voltenauer in die menschlichen Abgründe. Findet Auer mithilfe des schwedischen Kriminalteams den Schlüssel zu seinen Alpträumen? 

 

Buchbesprechung von Svend Peternell