Engeler Verlag, 104 Seiten, CHF 26.00
ISBN 978-3-906050-35-5
Jetzt im April können wir noch Schnee erwarten – hoffentlich den letzten in diesem Frühjahr. Auch wenn der Winter kalendarisch vorbei ist: Der Bündner Autor Arno Camenisch (40) verdichtet die touristische Abhängigkeit von Schnee in den Wintersportgebieten – gerade den kleineren – zu einer wundervollen Parabel über die Existenz- und Sinnfragen des Lebens. Dass nicht nur die ökonomische Grundlage flöten geht, sondern auch die Daseinsberechtigung zweier Skiliftbetreiber den Hang runterzusausen droht – damit befasst sich das schmale, einen edlen Lesegenuss bietende SilberBändchen «Der letzte Schnee», das zu einem melancholisch bewegenden Abgesang auf die gute alte Zeit gerät, die buchstäblich wie der Schlepper zum Stillstand kommt. Dabei sind Georg und Paul zwei bauernschlaue, mit viel Witz und Schlagfertigkeit ausgestattete Figuren, die erst dann auf den Mund fallen, wenn die Liftanlage ihren Geist aufgibt. Sonst treibt sie eine herrliche Unbeirrbarkeit an in der Erkenntnis alles Vergänglichen. Camenisch verlegt gewissermassen Beckets «Warten auf Godot» in den Alpenraum. Die dorthin verpflanzten Wladimir und Estragon füllen die meist ohne Skifahrer vorbeiziehenden Tage mit Betrachtungen und Anekdoten aus dem Dorfleben. Paul und Georg konstatieren den unabänderlichen Lauf der Dinge mit Verderben und Tod, verhandeln Gott und die Welt und harren den Dingen, die sie nur spüren und erahnen können.
Arno Camenisch erfasst die Befindlichkeit von Georg und Paul sehr einfühlsam – sprachlich lebhaft und unvermittelt. Dialekteinsprengsel, direkte Rede und Rückblenden in der Vergangenheitsform durchdringen sich. Diese Erzähltechnik verleiht dem Text eine ebenso leichtfüssige wie tiefgreifende Note und gibt ihm eine ganz eigene charmante, wehmütige Tonalität. Weise und berührend.
Buchbesprechung von Svend Peternell
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